(AS: Alles Leben auf der Erde erhält seine Lebenskraft aus einem göttlichen Funken in sich und befindet sich im Aufstieg. Im Folgenden erläutert Lene am Beispiel von Blumen, was das bedeutet und was sie uns – symbolisch – zu sagen haben. Für den Menschen bedeutet das vor allem: tiefe Bewunderung der Schöpfung Gottes und des Heilsplanes!)
L: Alle Geschöpfe auf dieser Erdenwelt – und im Besonderen der Mensch – sind Träger eines göttlichen Funkens. Gott hat von seinem Licht ein winziges Fünklein in sie hineingegeben. Eingeschlossen ist dieses Lichtlein, doch das Geschöpf hat die Aufgabe, es zu entfalten. Der Mensch im Besonderen hat die Aufgabe, durch ein wahres christliches Leben diesen Gottesfunken anzufachen und freizulegen. Doch ist nicht nur der Mensch Träger eines solchen göttlichen Funkens. Greifen wir zum Beispiel eine Blume heraus. Auch sie trägt in sich einen winzigen Funken. Denn sie muss leben, und sie zeigt ihr Leben durch ihre Pracht. Stirbt sie ab, dann entweicht ihre Kraft und Schönheit – sie ist dann nicht mehr ‘ansprechbar’.
Neben einer solchen Blume ist gute Gelegenheit zu meditieren. Man kann sie in Muße betrachten und nach der Ursache ihres Seins fragen. Denn die Blume ist für den Menschen ein Zeichen zur Freude, zur Erbauung. Die Blume hat ihre eigene Sprache. Sie will das Auge des [160 Seitenwechsel 161] Menschen beglücken. Man kann mit ihr reden und sie fragen: „Wer bist du? Woher kommst du? Was für eine Aufgabe hast du?“ Könnte diese Blume reden, so würde sie sagen: „Ich erlebe jetzt eine Zeit, da ich wenig Sonne, wenig Licht um mich habe – denn eigentlich befinde ich mich im Schatten.“ Das würde sie sagen, und es fiele euch schwer, das zu verstehen, denn ihr seht die Blume doch im Licht, in der Sonne stehen. Die Blume aber wiederholt: „Es kommt mir aber so vor, als stünde ich im Schatten und hätte kein Licht. Ich erinnere mich, ich hatte vordem einen viel schöneren Platz, in einer herrlichen Welt, wo ich viel beachtet wurde. Alle, die an mir vorübergingen, hatten Worte des Lobes und der Bewunderung für mich. Ich hatte das Gefühl, mit dem Leben der anderen vereint zu sein, es war wie ein gemeinsames Leben, wenn schon auf verschiedener Stufe. Jetzt mag ich für Menschen zur Freude sein, da wo ich stehe und gedeihe, und sie mögen mich für schön halten. Aber ich habe Sehnsucht nach etwas anderem, ich möchte da herauskommen, ich möchte in ein anderes Leben hinein im geistigen Reich, ich möchte aufsteigen. Ich möchte eine so deutliche Sprache sprechen, dass ich von allen verstanden werde.“
Geistig gesprochen, bedeutet das: die Blume möchte nicht immer Blume bleiben. Denn sie kommt – genau wie ihr – aus einer anderen Welt. So wie ihr für euer Erdenleben als Geist (AS: der auch in sich einen göttlichen Funken trägt) in einen menschlichen Leib gehüllt wurdet, so wurde die Blume in ein für sie bestimmtes Kleid gehüllt. Wenn ihr euch in diesen Gedanken vertieft, müsst ihr auf den Zusammenhang von Sinn und Zweck allen Lebens kommen. Es muss euch im Innersten klar sein, dass ihr aus einer anderen Welt kommt. Dass ihr auf diese Erde hingeführt wurdet, um weit entfernt von Gott eure Prüfungen zu bestehen – auf diese Welt, die Christus im Auftrage Gottes mit den Seinen für die Seinen erstellt hat…
(L, 19.5.1971 – GW 1975/21, S. 160 f.)
L: Der Mensch ist die Krone der Schöpfung. Seine Seele vermag seine Freude, sein Leid zum Ausdruck zu bringen. Das niedere Leben, das auch beseelt ist, kann seine Gefühle nicht in dieser Weise mitteilen wie der Mensch. Denn das niedere Leben ist stumm. Und trotzdem vermag es auch eine Sprache zu sprechen, es kann seiner Freude, seinem Leid, seinem Schmerz Ausdruck verleihen. In diesem niederen Leben ist also auch Beseelung, ein Geist, der von weit unten aufsteigt und noch diesen besonderen Leib trägt. Doch die Seele in diesem niederen Leben möchte auch den Menschen ansprechen, ihm auf seine Weise Zeugnis geben von der Schöpfung Gottes, vom ewigen Leben. Doch es kann nicht wie der Mensch, sich dem anderen Leben laut mitteilen. Stumm ist es, dieses niedere Leben – und hat doch seine Sprache. Der Leib, den das niedere Wesen trägt, bekundet sich.
So wollen wir nur einmal eine Rose betrachten, was sie für eine Sprache spricht. Eine Rose, die geschnitten wurde, die einen wunderbaren Duft verbreitet und ihre leuchtenden Blätter hat. Sogar ihre Dornen gehören zu ihrem Kleid. Durch ihre äußere Pracht spricht sie den Menschen an. Sie ist beseelt. Sie kann keine Laute von sich geben, aber die Blume als solche, hat ihre Sprache. [230 Seitenwechsel 231] Wie sie Bewunderung und Anerkennung findet, bringt sie auch dem Schöpfer gegenüber ihre Bewunderung zum Ausdruck. Aber nicht nur dem Schöpfer, sondern doch auch für den Menschen. Sie hat ihm vieles zu sagen. Die Rose, als Königin der Blumen, erscheint in vielfältiger Pracht. Bescheidener ist das Kleid der Heckenrose, doch auch sie spricht ihre Sprache, auch sie lässt sich bewundern. Doch jene Rose, die durch Menschenhand so hochgezüchtet und besonders ansprechbar geworden ist, auch ihr äußeres Kleid hat eine Sprache. Aber die Sprache der Seele kann sie nicht sprechen, doch möchte sie auch erfühlt, gehört und gesehen werden. Und sie möchte dem Menschen so viel sagen. Sie möchte mit ihrer Schönheit den Schöpfer preisen. Wenn sie geschnitten worden ist, gleicht sie einem herangewachsenen Kinde, das sein Elternhaus verlässt, um selbständig zu sein. So ist die Rose, die geschnitten wurde, zu betrachten. Kurz ist die Zeit ihres Lebens. Ja, sie weiß sogar um die Tage, wann ihre Seele entweichen kann. Und sie empfindet Hoffnung und Freude, denn sie weiß darum, dass sie in ein höheres Leben eingehen wird.
Als man sie geschnitten, hatte sie sich von ihren Geschwistern verabschiedet. Man hatte sie von ihrer Wurzel getrennt, die aber ist auch beseelt. Doch als sie zur Blume erblühte, ist sie selbständig beseelt worden. Welche Freude für sie! Welche Freude für jene anderen, ihre Beseelung ebenfalls durch ihr Erblühen zu erleben! Welch ein Gewinn für die anderen, die diese erweiterte Beseelung ermöglicht haben.
So wartet die Rose darauf, Menschen zu erfreuen durch ihr Kleid, ihren Duft. Noch ist sie voll der Lebenskraft, noch duftet sie, noch empfindet sie die liebevolle Pflege, die warmen Hände, die sie halten. So fühlt sie sich schon vereint mit höherem Leben und wartet nur noch auf ihr Entfliehen-können in höheres Leben hinein. Sie wartet nur noch, die Seele der Rose, hineingeleitet zu werden in eine höhere Ebene, wo entsprechend höheres Leben noch mehr bewundert wird, als da sie noch im Kleide der Rose der Menschen Bewunderung fand.
Liebe Geschwister, dazu noch eine kleine Erklärung: Alles Leben ist beseelt, und alles Leben trachtet nach den Höhen, will eine höhere Stufe erringen. Der Abschiedsschmerz ist nur kurz, die Freude überragt alles, wenn Einzug gehalten werden kann in höheres Leben hinein. Wenn man eine Beziehung zur Schöpfung Gottes hat, dann empfindet man auch tiefe Bewunderung für alles Leben – für alles, was mit der Schöpfung hervorgebracht worden ist; weil in all diesem vielfältigen Leben der von unten aufsteigende Bruder oder die Schwester angenommen werden muss. Das aber fällt vielen Menschen schwer, solches anzunehmen. Dieses kurze Leben ist aber zur Freude der Menschen.
(L, 15.6.1968 – GW 1978/17, S. 230 f.)