(AS: Es handelte sich zu jener Zeit um eine der zahlreichen Zuspitzungen im sogenannten Ost-West-Konflikt während des ebenfalls sogenannten ‚Kalten Krieges‘ in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.)
L: Es bangt ja die Menschheit wieder um den Frieden. Es ist gut, dass man dafür betet. Aber jetzt sage ich euch: diese Männer, die sich da zusammengefunden haben, um den Frieden zu sichern (gemeint ist die während der Meditationswoche tagende Außenministerkonferenz), sie alle, die jetzt miteinander für den Frieden unterhandeln, treffen sich nämlich auch zusammen auf einer dieser Straßen der Ewigkeit. Und auf dieser Straße der Ewigkeit leuchtet das göttliche Morgenrot, während tiefe Finsternis im Erdenreich einbricht, und nur eine kleine, kleine Morgenröte ist es, die im Erdenreich leuchtet. Und diese Finsternis engt diese Morgenröte ein. Und es sind die frommen, die Geistesmenschen, die sich auf der Ebene der Morgenröte bewegen. Aber auch bei ihnen kommt immer wieder der Schatten der Finsternis vorbei.
Nun, sie alle, wenn sie sich auf dieser Straße der Ewigkeit treffen (AS: während des Schlafs) und die göttliche Morgenröte sie umgibt, erkennen wohl, was notwendig zu tun ist, um den Frieden [104 Seitenwechsel 105] zu erhalten. Hier wollen alle nur den Frieden. Hier herrscht nicht die Habsucht, hier geht es nicht darum, seine Ideologie auf der ganzen Erde zu verbreiten. Sondern im geistigen Reiche ist ihr Ziel, Gott näher zu kommen, in die Einheit mit ihm zu gelangen, verständnisvoll mit dem Nächsten zu sein. Es ist also einfach ein anderes Verlangen und es sind andere Bedingungen da, wenn der Geist, der doch mit seinem irdischen Leibe verbunden ist, sich auf diesen Straßen der Ewigkeit bewegt. Aber ich betone: auf dieser Straße leuchtet das göttliche Morgenrot, und die Finsternis vermag da nicht einzudringen.
… Wer im menschlichen Leibe Gott verleugnet, kann ihn (AS: während des Schlafs) im geistigen Reiche bejahen; denn er sieht dann seine Macht und Gewalt, und er weiß, dass er sich davor zu beugen hat. Und zumal ist es, wie ich betonte, diese göttliche Morgenröte, die alles erleuchtet und andere Erkenntnisse vermittelt. Aber wenn sie sich dann wieder zurückfinden in ihren menschlichen Leib, da beginnt wieder ihre persönliche Willenskraft zu wirken. Jetzt hat der Mensch zu entscheiden. Und durch seine persönliche Willenskraft bringt er zum Ausdruck, was er will.
Im Erdenreich wandert er also durch die Finsternis, es ist nicht abzuleugnen. Finsternis dringt ein über die ganze Menschheit. Und unter dieser Finsternis ist die dunkle Geisterwelt gemeint. Sie ist es, die ihre Macht ausübt auf den Menschen, als ihr gutes Recht. Der Mensch hat nun durch seinen freien Willensentscheid kundzutun, ob er geneigt ist, den Weg der Morgenröte anzutreten, oder ob er eben in der Finsternis wandeln will. Die Mächte der Finsternis haben solch gewaltigen Einfluss auf die Menschen. Sie wissen, was sie ihm vorzugaukeln haben. Sie wissen die ganze Menschheit zu täuschen. Seit Christus wieder ins Himmelreich eingegangen ist, haben sie nicht nachgelassen, den Menschen irrezuführen. Und gerade bei dem, der zum Christentum steht, haben sie angefangen Unfrieden und Irrlehren zu verbreiten; denn sie wünschen nicht, dass die reine Lehre Christi ihre Verbreitung finde, weil sich die geistige Entwicklung viel zu schnell verwirklichen würde. Die düsteren Mächte bedienen sich wieder der Menschen. Man gaukelt ihnen etwas vor, man hetzt den einen auf den andern, und dann hat man, was man will.
Schon zur Zeit Christi wurde es so gehalten, und seither haben sich die verschiedenen Christen selbst untereinander bekämpft. Fürchterlich bekämpft. Im Namen Gottes hat man den andern getötet. Im Namen Gottes hat man ihn gemartert. Dies bis vor hundert Jahren noch. Und es gibt irdische Sphären, wo solches im Namen Gottes heute noch geschieht.
Und nun (AS: in der damals aktuellen Situation) bangt die Menschheit wieder um den Frieden. Sie bittet darum. Die Christenheit aber ist aufgesplittert in so viele Kirchen und Sekten. Und jede behauptet von sich, die wahre Lehre zu verbreiten, und wer ihren Weg beschreite, gehe mit Bestimmtheit in die Glückseligkeit ein. Ja, es wird Unmögliches behauptet und man maßt sich das Recht an zu sagen, dass man an erster Stelle stehe, um das Himmelreich zu gewinnen.
Diese armen Menschen! Haben sie doch keine Ahnung von dieser anderen Welt! Der Mensch kann Gott keine Gesetze vorschreiben, sie sind schon längst gemacht. Sie haben ihre Beständigkeit und Festigkeit. Nicht das Geringste wankt in diesen göttlichen Gesetzen.
Wenn ich gerade jetzt, da man so viel um den Frieden bangt und bittet, meine Botschaft hinausrufen könnte in die ganze Christenheit, und man würde sie vernehmen und befolgen, dann würde bestimmt der Friede der ganzen Menschheit gegeben werden. Ihr seid Menschen, in Liebe mit mir verbunden. Und ich weiß, dass ihr bereit seid, eine Last zu tragen und euer Möglichstes zu tun. Aber wenn ich diese Botschaft in die Welt hinausrufen möchte, so würde sie in der Finsternis verhallen. Die Finsternis saugt sie auf, sie vernichtet meine Worte.
Vom geistigen Standpunkt aus gesehen könnte der sein Wohlgefallen an den vielen Christen und Kirchen haben, in dessen Namen man die Kirchen baut, wenn die Schranken zwischen ihnen fallen könnten. Wenn die Tore aller Kirchen weit, weit geöffnet würden. Wenn man zum Nächsten sagen würde: „Komm, tritt herein und bete hier mit mir!“ Wenn [105 Seitenwechsel 106] die ganze Christenheit sich einig wäre im Gebet, wenn ihr Ziel nur ein und dasselbe wäre. Keiner dürfte mehr behaupten, dass nur seine Kirche die einzig wahre sei. Alle müssten erkennen, dass ja alle das gleiche Ziel anstreben und dass es unmöglich ist, Gottes Wohlgefallen zu erregen, wenn man glaubt über den andern zu stehen und sich über sie erhebt.
Solange die Christenheit nicht einig ist und einander sogar bekämpft, ja bereit ist, einander zu töten, weil man einander nicht versteht — solange man das Gebet des andern nicht schätzt, der auch aus dem Innersten seiner Seele bittet und fleht und sich zu Gott hingezogen fühlt, und wenn man den andern nicht schätzt und glaubt: „Nur ich habe den rechten Glauben, und du, armer Mensch, gehst auf einem falschen Weg“ – so lange es diesbezüglich keine Einigung gibt, dass man sich auf dem Wege zu Gott findet, ohne einander zu bekämpfen, dann, liebe Geschwister – !
Man erfleht von Gott den Frieden und man bittet, er möge ihn der Menschheit erhalten. Die Menschheit hat auch da den ersten Schritt dazu zu tun. Von Gott und seiner heiligen Geisterwelt aus wird alles getan, was die Gesetze erlauben bei diesem Betragen und Denken der Menschen. Und wenn ihr euch vielleicht sagt: „Es gibt ja nicht nur Christen, es gibt ja noch viele andere Religionsrichtungen“, dann bedenkt: „Wäre es nicht in erster Linie an der Christenheit, sich zuerst einmal zu einigen, einen Weg zu finden, um ihre vielen Kirchen zusammenzuschließen und sich gegenseitig zu dulden? Und wenn es heute noch unmöglich ist, so muss es dazu noch kommen. Diese Einheit muss noch erstehen, und wenn es noch — Millionen von Jahren geht.
Nun denkt, wie wunderbar es wäre, wenn ein Mensch mit einer solchen Macht aufstehen und darum flehen würde, dass alle christlichen Kirchen der Welt ihre Tore weit öffnen würden, dass niemand den anderen als „Andersgläubigen“ betrachtet, sondern nur als gleichberechtigten Bruder oder gleichberechtigte Schwester, die den gleichen Schöpfer ‚Vater‘ nennen. Es sollten sich alle darauf besinnen und sagen: „Christus hat uns allen die Kindschaft Gottes wieder gebracht; dieser Kindschaft Gottes wollen wir uns würdig erweisen!“
Wenn sich ein Mensch in der Weise Gehör verschaffen könnte, sei es von eurem Lande aus, sei es in Deutschland, sei es in Italien, in Frankreich oder England, sei es in Amerika, die ganze Christenheit sollte ihre Schranken fallen lassen, dass ein jeder ohne irgendein Schweregefühl von einer Kirche in eine andere treten könnte, nur im Verlangen: „Komm Bruder, das Gebäude hier hast du erstellt, ich will mit dir beten, denn wir sind einig in unserem Denken…“
(AS: Forts. GW 1960/14, S. 113:) Ja, liebe Freunde, wenn es so weit kommen könnte! Wir fragen uns selbst, wann wird der Mensch geboren, der die Christenheit aufruft? Aber vielleicht müssen zuerst Bitternisse über die Menschheit kommen, damit sie sich einigen kann und keiner mehr zu fragen braucht: „Welcher Kirche gehörst du an?“ Sondern dass einer dem anderen froh die Hand reicht und mit ihm betet. Ja, liebe Geschwister, wir freuen uns an euch, wenn wir eure Gemeinschaft betrachten, als Fundament oder Grundstein in dem Sinne, wovon ich sprach. Ihr gehörtet ursprünglich doch verschiedenen Kirchen an. Ihr seid mit dem, was euch diktiert und anbefohlen war, nicht mehr mit allem einverstanden gewesen. Ihr fühltet euch hierhergezogen, die Schranken sind für euch gefallen, Ihr seid einig im Denken und Wollen. Ihr wisst, was es braucht, um diese Höhen zu gewinnen, dass oberflächliche Gebete dafür nicht ausreichen, dass dazu Werke ausgeführt werden müssen.
… So freuen wir uns, an euch Diener und Helfer zu haben. Und allen, die dieser Gemeinschaft angehören und gefestigt sind, im Leben aber keine besondere Aufgabe sehen und glauben, sie wären überflüssig für diese Welt, möchte ich – wie unser Bruder (AS: Geistlehrer Josef) euch immer wieder erklärt – sagen: sie sind es nicht; der stille, ruhige Mensch unter euch kann im Geiste eine Aufgabe erfüllen, dann hat er keine Hemmungen, ist frei und kann für uns wirken. Um aber nicht falsch verstanden zu werden, sollt ihr aus ganzem Herzen für den Frieden der Welt beten. Gott will nur den Frieden unter den Menschen. Aber der Mensch vergisst es ja, wenn er hier auf Erden unter der Herrschaft Luzifers lebt, dass er in die Herrschaft des Herrn hinübertreten soll. Wenn man im (AS: intensiven) Gebet (AS: vieler) zu Gott sagen könnte: „Sämtliche christliche Kirchen stehen allen offen, wir haben uns geeinigt und wir bitten dich alle gemeinsam um den Frieden“, dann würde auch von der göttlichen Welt aus alles dafür getan. Dann würden die freien Geister des Himmels vermehrt den Weg ins Erdenreich antreten, hinter den Menschen stehen, sie auf ihre Fehler aufmerksam machen und ihnen die göttlichen Gesetze ins Gewissen rufen. –
(L, 18.7.1959 MW 1959/VII – GW 1960/13, S. 104 - 106 u. GW 1960/14, S. 113.)