J: …Dann aber kam der Tag, an dem Josef bei ihrem Zusammensein wohl wiederum – teils singend, teils sprechend – seine Gebetsstunde hielt, als er (AS: in Tieftrance, wie in „Jesu Mutter Maria in der Familie Josefs in Nazareth“ geschildert) plötzlich Maria als Gesegnete begrüßte, als die Frau, die den Erlöser gebären werde… Maria erschrak. Sie sagte – das wird in den Schriften richtig überliefert: „Wie soll das geschehen? Ich lebe mit keinem Mann zusammen.“ (Lukas 1,34). Sie war unsicher geworden, als sie diesen besonderen Gruß vernahm und die Ehrfurcht wahrnahm, mit der jetzt Josef vor ihr stand und sie als Begnadete, als Gesegnete ansprach. Dann aber fuhr er in seinen Gebeten fort und vollendete die Andachtsstunde in gewohnter Weise.

Maria aber machte sich sorgende Gedanken. Sie ängstigte sich, denn sie kannte doch das Gesetz (AS: das streng verbot, mit einem Mann außerehelich zu verkehren). Sie dachte und hoffte, es handelte sich vielleicht um etwas Einmaliges, was ihr gesagt worden war, und werde sich wohl nicht wiederholen. Innerlich jedoch war sie unruhig. Noch aber sagte sie Josef nichts davon. Sie sprach nicht mit ihm darüber, wurde aber immer ungewisser, unsicherer. Während sie früher diese Andachtsstunden stets mit Freuden erlebte, ging sie jetzt jedes Mal angstvoll hin. Plötzlich hatte sie Angst davor bekommen.

Dann geschah es: wiederum wurde Maria als Begnadete, als Gesegnete begrüßt, und sie wurde aufgefordert, ihr Einverständnis zu geben zu einer menschlichen Verbindung, damit es möglich würde, dass aus ihr das Allerhöchste geboren würde. Schließlich erklärte sich Maria damit einverstanden. (AS: nach L, 25.9.1973 – MW 1973/III, S. 50/1: Das war eine längere Unterredung, die stattfand, während Josef in Trance war, in dem der durch Josef sprechende Geist auf Marias Frage sich als Engel Gabriel zu erkennen gab und Maria ihrer Ängste wegen, die sie durchlitt, versicherte, dass dies der Wille Gottes und Christi sei.)

In welchen Ängsten Maria zuvor gelebt hat, das wird in der Christenheit nicht überliefert, und es wird auch nicht verkündet, dass das alles nicht plötzlich geschah. Ein Engel sei Maria erschienen und habe ihr diese Botschaft überbracht. Nein, es geschah vielmehr so, wie ich es geschildert habe. Maria wurde darauf vorbereitet. Sie hatte ja schwer mit sich zu kämpfen, doch die Engel standen ihr bei und lenkten sie. Maria musste ihr Einverständnis geben, denn sie hatte ihr Einverständnis dazu in der göttlichen Welt gegeben. Christus selbst hatte sie ausgewählt und sie gefragt, ob sie bereit sei, zusammen mit Ihm einen großen Auftrag auf Erden zu erfüllen, um die Menschheit zu erlösen. Maria hatte in der Gotteswelt ihr Einverständnis dazu gegeben, und so waren jetzt Engel bei ihr und lenkten sie. So willigte sie ein.

Nach dieser Stunde des Zusammenseins mit Josef musste Maria ihm die Wahrheit eröffnen. Sie waren ja immer zusammen und besprachen, was sich zugetragen hatte. Jetzt musste sie ihm sagen, [362 Seitenwechsel 363] was wirklich geschehen war, und dass er sie schon seit längerem mit dieser besonderen Anrede begrüßt habe. Josef, der davon ja nichts wusste (AS: weil es in seiner Tieftrance geschehen war), ängstigte sich, denn er hatte ja sein Ehrenwort gegeben. Wer in solchen Fällen sein Ehrenwort brach, dem stand harte Strafe bevor. Josef konnte es nicht glauben, nicht verstehen. Auch er wurde unsicher. Er fing an, an der Treue Marias zu zweifeln, denn sie ging in seinem Hause ja ein und aus. Eine eheliche Verbindung war erst für einen späteren Zeitpunkt vorgesehen gewesen.

Dann aber erlebte Josef jenen Traum, von dem auch die Bibel berichtet. Danach habe der Engel zu ihm gesagt: „Josef, steh auf und nimm Maria zu dir. Denn alles, was geschehen ist, ist in der Wahrheit. Du sollst dich nicht fürchten. Nimm das Weib zu dir.“ Und weiter heißt es: „Josef stand auf und holte Maria zu sich.“ (Vgl. Matthäus 1,20-24.)

Das geschah doch mitten in der Nacht. Wo wohnte denn Maria? Menschen wohnten vielfach weit auseinander, nicht im selben Dorf. Man könnte aus der Stelle schließen, Josef habe Maria von irgendwo geholt. Sie hatte aber nur eine andere Kammer im selben Haus. Allein, in welchen Ängsten schwebte Maria. Sie wusste, was wirklich geschehen war, und sie hatte zuvor schon in großen Ängsten gelebt. Von diesen Ängsten sollte sie befreit werden. Sehnsüchtig wartete sie darauf, dass Josef sie aufnähme. Da stand Josef mitten in der Nacht auf und holte Maria aus der anderen Kammer in sein Gemach. Von nun an hatte sie ihren Platz in seinem Gemach. Es heißt, er erkannte Maria nicht, ehe sie ihren Sohn gebar (Matthäus 1,15), und das ist die Wahrheit.

Man mag sich leicht ausmalen, dass nun in Maria ganz andere Gefühle wach geworden sind. Sie wurde von ihren Ängsten befreit. Jetzt fühlte sie sich sicher. Josef selbst wusste, dass es wahr sein musste. Darum unternahm er, was seine Pflicht war, und meldete Maria als seine Frau an. So hat es sich in Wahrheit zugetragen.

…Liebe Geschwister, ich habe euch vieles offenbart, worüber ihr nachsinnen könnt, vieles, was wichtig ist und ihr wissen sollt. Ich habe versucht, es euch darzulegen, wie es in Wahrheit gewesen ist, und es sollte für euch selbstverständlich sein, es als Wahrheit zu begreifen.

(J, 1.12.1979 – GW 1979/26, S. 362/3.)

L (AS: Geistlehrerin Lene hatte einige Jahre früher schon einige andere Aspekte und Erläuterungen zu diesem Geschehen geschildert): Maria und Josef sind also öfters zusammengekommen, und wenn die Gotteswelt sich bekundete, war dies für Maria nichts Besonderes – das hatte sie ja im Elternhaus häufig erlebt. Wohl wusste man um die inneren, geistigen Vorbereitungen, deren es dazu bedurfte, doch nicht um das Äußere. So kam schließlich der Zeitpunkt, da Maria jene besondere Botschaft [49 Seitenwechsel 50] erhielt. In dieser Botschaft wurde sie durch Josef, ihren Verlobten, als ‚Gesegnete‘ oder ‚Auserkorene‘ begrüßt. Da begriff sie, dass er jetzt mit der Gotteswelt in Verbindung stand; doch wurde sie stutzig über diese Begrüßung, die sie zum ersten Mal vernahm. Dieser Gruß war ihr fremd – solches war nicht üblich.

Wenn man in den Familien zusammenkam, hatte man sich vorher nicht etwa verabredet, mit einem Geist Gottes in Verbindung zu treten. Man wartete einfach ab, ob es in Gottes Willen lag, eine Botschaft zu erhalten, und wenn sie kam, nahm man sie dankbar hin. Niemand mochte dazu das Wort ergreifen. Man hatte vorher gebetet, aber man war nicht enttäuscht, wenn nichts erfolgte. Es war, möchte ich sagen, für jene Menschen fast etwas Alltägliches, solches zu erleben.

Diesmal aber wurde es für Maria etwas ganz Besonderes. Sie verwunderte sich über die Art der Begrüßung, und so fragte sie: „Ja, wer bist du denn?“ Bis anhin hatte man sich nicht um die Namen gekümmert noch gefragt, was für ein Geist sich bekundete. Man wusste, es ist ein Geist Gottes, und damit gab man sich zufrieden. Man hatte nämlich selbst geprüft, was durchgegeben worden war, und gemerkt, dass es gut war. Jetzt aber fragte Maria: „Wer bist du denn, dass du mir solches sagst? Du bringst mich in Erstaunen, ich kann das nicht begreifen, nicht verstehen.“ Und da hat sich dieser Geist Gottes als Engel Gabriel kundgetan: „Ich bin es, der durch Josef spricht.“ [50 Seitenwechsel 51]

Tatsächlich musste Maria feststellen, dass Josef, der neben ihr war und diese Botschaft gab, in seinem Aussehen, in seinem Wesen ganz verändert erschien, im Gegensatz zu sonst. Denn wenn er bisher sich Geistern Gottes zur Verfügung stellte und diese durch ihn reden konnten, war er in seiner äußeren Erscheinung, in seiner Wesensart derselbe geblieben wie als Mensch. …Maria fühlte und bemerkte die veränderte Atmosphäre. Es handelte sich aber nicht etwa um eine Geistmaterialisation, sondern nur der Ausdruck, die Erscheinung Josefs (AS: in Trance) war verändert.

Nun gab dieser Geist Gottes die Botschaft durch, die Maria dazu bewegen sollte, das Grußwort zu rechtfertigen. Als ‚Auserkorene‘ war sie angesprochen worden, und der Geist Gottes klärte sie nun im Einzelnen auf. Maria war begreiflicherweise darüber ganz verwirrt, war sie doch tief gläubig, und sie kannte ja auch die Folgen. Erst nach langem Zureden ließ sie sich überzeugen und gab ihr Einverständnis. Christus selbst wollte Josef für diese Zeugung benutzen – alles wollte er selbst tun, vom Anfang dieses Erlösungsplanes bis zu seinem Abschluss. [51 Seitenwechsel 52]

Es ist so schade, dass diese Wahrheiten keine Verbreitung gefunden haben, dass man die Niederschriften vernichtet hat. Und warum hat man sie vernichtet? … Man meinte, dadurch werde die heilige Sendung Christi herabgemindert, dadurch werde er selbst entwürdigt…

(L, 25.9.1973 – MW 1973/ III, S. 49 – 52.)

(AS: Damit ist geklärt, dass der Vorgang der Zeugung Jesu sich zwischen Maria und Josef genau auf dieselbe Weise vollzog wie bei allen Menschen, bis auf die Tatsache, dass Josef dabei in Trance war und geistig unter einer außergewöhnlichen Einwirkung stand, nämlich von Christus persönlich, der zu dieser Zeit ja noch nicht inkarniert war.)